Im Superwahljahr 2021 ist die COVID-19-Pandemie eine beispiellose Herausforderung für die Wahlkampfkommunikation: 1) Wahlkampagnen sind aufgrund der Abstandsregelungen gezwungen, altbewährte Kommunikationsstrategien auf den Prüfstand zu stellen und verstärkt auf „kontaktlose“ digitale Plattformen zu setzen. 2) „Corona“ wird die Themenagenden dominieren und Wahlkampagnen müssen sich programmatisch zum Umgang mit dem Virus und zu Maßnahmen positionieren.
Doch wie machen Parteien und Kandidierende mit dem Thema COVID-19 bei der Bundestagswahl 2021 auf Facebook und Instagram Wahlkampf? Wird COVID-19 zur (De)Mobilisierung oder für einen Angriffswahlkampf genutzt? Wird Populismus mit COVID-19 betrieben? Verbreiten Parteien und Kandidierende sogar Falschinformationen zu COVID-19? Wie werden ausgewählte Zielgruppen mit maßgeschneiderten politischen Werbeanzeigen zu COVID-19 anvisiert? Und wie reagieren die Wählerinnen und Wähler auf die Facebook- und Instagram-Inhalte der Parteien?
In Zusammenarbeit mit dem Team von Dr. Jörg Haßler (LMU München) werden diese Fragen im Zeitraum vom 30. August bis zum 26. September 2021 wöchentlich mit Hilfe einer "Live"-Inhaltsanalyse von Posts sowie Werbeanzeigen der Facebook- und Instagram-Seiten der Bundestagsparteien (CDU, CSU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, FDP, AfD, Die Linke) sowie ihrer Spitzenkandidierenden beantwortet.
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Inhaltsanalyse zu den Facebook- und Instagram-Werbeanzeigen im Vergleich zu den Facebook- und Instagram-Posts wöchentlich vorgestellt und eingeordnet. Die Auswertung der Facebook- und Instagram-Posts findet sich auf: https://digidemo.ifkw.lmu.de/digidemo/
22.09.2021: Dritte Analyse der Werbekampagnen auf Facebook & Instagram zur Bundestagswahl 2021 im Zeitraum vom 30.08.-19.09.2021: Personalisierung
Hier können Sie den dritten Policy-Bericht als PDF-Datei herunterladen.
Köpfe statt Themen oder Parteien?! Die Personalisierung der Politik steht schon immer im Mittelpunkt von politischen Wahlkampagnen, um inhaltliche (Partei)Positionen mit Kandidierenden zu verknüpfen und zu vermarkten. Diese Strategie wird häufig kritisiert, weil dabei nicht über politische Inhalte gesprochen wird und der Wahlkampf somit „inhaltslos“ wirken kann. Auch in dem diesjährigen Bundestagswahlkampf wurde schon frühzeitig über die Kanzlerkandidierenden der Parteien spekuliert und nach der Kür rückten diese besonders in den medialen und öffentlichen Fokus. In TV-Triellen, Talkshows und öffentlichen Veranstaltungen haben die Wahlkampagnen vielerlei Möglichkeiten das „Image“ ihres Kanzlerkandidierenden aufzubauen oder zu schärfen. Aber auch andere Politikerinnen und Politiker können in den Fokus der Kampagne rücken, um eine Partei oder politische Positionen unter die Wählerschaft zu bringen. Doch wie wird Personalisierung von Parteien und Kandidierenden bei dieser Bundestagswahl auf Facebook und Instagram genutzt?
Um diese Frage dreht sich unsere dritte Weekly-Analyse, in der wir Personalisierungsstrategien in den Werbeanzeigen auf Facebook und Instagram vom 30.8. bis 19.09.2021 analysieren. Hierfür wertete ein geschultes Forscherteam um Projektmitarbeiter Simon Kruschinski und Projektleiter Prof. Dr. Marcus Maurer die digitale Werbung auf Facebook und Instagram mit einer Inhaltsanalyse für das Forschungsprojekt Digital Pandemic Campaigning (DiPaCa) aus. Dabei wurden allen ab dem 30.8. geschalteten Werbeanzeigen (sponsored Posts und Ads) der Facebook- und Instagram-Seiten von Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, CSU, FDP und AfD sowie deren Spitzenkandidierenden mit einer manuellen quantitative Inhaltsanalyse analysiert. In diesem Zeitraum wurden 701 „Unique Werbeanzeigen“ geschaltet, die insgesamt in 2.838 Versionen ausgespielt wurden. Neben den textlichen Botschaften in den Werbeanzeigen wurden die Inhalte von Bildern und Videos analysiert. Dabei beschränkte sich die Analyse von Videos jeweils auf die erste Minute der eingebundenen Videos. Darüber hinaus wurde jeweils nur das erste Bild einer Ad analysiert.
Analyse der Sponsored Posts & Ads: Anzahl und Ausgaben
Obwohl die FDP auch weiterhin zahlenmäßig den digitalen Werberaum beherrscht, hat sie ihre Frequenz in der vergangenen Woche reduziert. Dagegen haben insbesondere Die Grünen, SPD und CDU ihre Werbeaktivitäten weiter erhöht. Sie schalteten neue Werbeanzeigen mit verschiedenen Versionen, aber blieben dabei eindeutig auf dem strategischen Pfad der Ausspielung von wenigen zentralen Werbebotschaften mit unterschiedlichen Kampagnenzielen an ausgewählte Zielgruppen. Die Werbeaccounts der CSU sowie der Kandidierenden spielen auch in der vorletzten Woche des Wahlkampfs kaum eine Rolle.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in dem von Facebook geschätzten Geldeinsatz für die in den letzten drei Wochen geschalteten Werbeanzeigen wider. So haben Die Grünen und die CDU ab dem 30.8. das meiste Geld an Facebook überwiesen und führen nun die Ausgabenliste vor der FDP und der SPD an, die in der letzten Woche auch eine größere Summe investierte. AfD, Die Linke und die CSU haben ihren kontinuierlichen Budgetplan beibehalten.
Wie erfolgreich die Investitionen der letzten drei Wochen auf Facebook und Instagram sind, kann mit Blick auf die Gesamtzahl der von Facebook angegebenen Impressions (Anzahl, wie oft eine Werbeanzeige auf einem Bildschirm gesehen wurde) der jeweiligen Werbeanzeigen eingeschätzt werden: Seit dem 30.8. wurden von allen untersuchten Parteien die Werbeanzeigen von CDU und FDP am meisten gesehen. So erreichte die CDU mit allen Werbeanzeigen in unserem Analysezeitraum zwischen 42.500.000 bis 48.900.000 Menschen und die FDP zwischen 39.470.000 bis 47.400.000 Menschen. Dieses Ergebnis bestätigt, dass Parteien mit unterschiedlichen Strategien auf Facebook und Instagram Menschen erreichen können: Während die CDU mit großem Geldeinsatz zentrale Werbebotschaften mit unterschiedlichen Kampagnenzielen an ausgewählte Zielgruppen schickt, flutet die FDP den digitalen Werberaum mit billigen Werbeanzeigen und vielfältigen Einstellungen an viele Zielgruppen. Dennoch muss festgehalten werden, dass die FDP eine sehr gute Marketingstrategie gefunden hat, um möglichst viele Impressions mit möglichst geringem Geldeinsatz zu erreichen. Das Gegenteil zeigt sich beispielsweise bei den Grünen: Obwohl sie das meiste Geld für ihre Werbeanzeigen bezahlt haben, erreichen sie verhältnismäßig wenig Menschen.
Inhaltliche Analyse der Sponsored Posts & Ads: Personalisierung
Zur Analyse der Personalisierungsstrategien schauen wir uns als erstes an, wie häufig die Parteien in ihren Werbeanzeigen auf Facebook und Instagram Politikerinnen und Politiker oder Parteien nennen. Dabei ist zunächst der starke Fokus der Werbeanzeigen auf die Parteien und ihre Positionen oder Ziele augenfällig. Alle Parteien außer Die Linke verweisen in mehr als 70% ihrer Werbung auf Parteien als Ganzes. Einzig die SPD thematisiert in ihren Ads individuelle Politikerinnen und Politiker häufiger als Parteien. Besonders auffällig ist die Personalisierungsstrategie der Grünen: Sie nennt in nur 5% ihrer Werbeanzeigen Politkerinnen und Politiker. Der Vergleich mit den Analysen der Post zeigt, dass alle Kampagnen dort deutlich häufiger auf Politikerinnen und Politiker verweisen.
Im Rahmen der Personalisierungsstrategien stellt sich die Frage, ob die Parteien das Spitzenpersonal bei der laufenden Werbekampagne in den Vordergrund stellen. Dafür haben wir weiterführend analysiert, wie häufig die Parteien ihre eigenen Kanzler- und Spitzenkandidierenden aber auch die der anderen Parteien in ihren Werbeanzeigen nannten.
Zunächst fällt ins Auge, dass alle Parteien ihre eignen Spitzenkandidierenden in den Fokus ihrer Werbung rücken. Dabei sticht die Personalisierungsstrategie der SPD heraus, die Olaf Scholz in 85% ihrer Werbeanzeigen nennt. Genauso häufig wird der SPD-Kanzlerkandidat auch in den organischen Posts erwähnt, was ein weiterer Beleg für die stark zugeschnittene Personalisierungskampagne der SPD ist. Mit deutlichem Abstand folgen CDU, FDP, AfD und CSU, die ihre Spitzenkandidierenden in knapp 25% ihrer Facebook- und Instagram-Werbung erwähnen. Bei der CSU ist anzumerken, dass sie den gemeinsamen Kanzlerkandidaten der Unionsparteien Armin Laschet überhaupt nicht in den Anzeigen bewirbt. Besonders interessant fällt die geringe Anzahl an Werbeanzeigen (4%) der Grünen auf, die Annalena Baerbock thematisieren. Dies lässt den Schluss zu, dass die Grünen von einer starken Fokussierung auf die eigene Kandidatin in ihrer Werbekampagne auf Facebook und Instagram abgesehen haben.
Die Nennungen der Kandidierenden anderer Parteien sticht besonders bei der CSU, SPD und die Linke heraus.
Eine besondere Rolle auf Social Media spielt die visuelle Personalisierung. Dabei können die Parteien auf Bilder und Videos setzen, um das Image der Partei oder von Politikerinnen oder Politikern zu prägen. Diese Multimediaformate schauen wir uns im Lichte von Personalisierungsstrategien im Folgenden an.
Dabei lässt sich zunächst beobachten, dass alle Parteien außer die CDU überwiegend auf Bilder in ihren Werbekampagnen setzen. Diese verwendet in 84% ihrer Werbeanzeigen Videos, die zum überwiegenden Teil hochprofessionell gedreht und bearbeitet wurden. Dieser Befund lässt sich auch für die Posts bestätigen und kann somit als strategischer Ansatz für die Plattformen Facebook und Instagram ausgemacht werden.
Im Gegensatz zu den Posts wird die visuelle Kommunikation in den Werbeanzeigen nicht von der Darstellung von Personen dominiert. So sind bei fast allen Parteien auf knapp der Hälfte der Werbeanzeigen keine bzw. eine oder mehrere Personen zu sehen. Eine Ausnahme bilden die AfD, CSU, und die Grünen. Letztere ist unter den vorhergehenden Befunden zur Nicht-Fokussierung der Kanzlerkandidatin besonders interessant und spricht dafür, dass die Grünen primär auf „normale Bürger“ in ihrer Werbekampagne gesetzt haben.
Zum Abschluss werfen wir noch einen Blick darauf, ob in den Bildern und Videos Spitzenkandidierende oder andere Politiker der eigenen oder einer anderen Partei abgebildet sind. Zunächst lässt sich die Personalisierungsstrategie der SPD auch hier erkenne. In mehr als der Hälfte der Bilder und Videos in den SPD-Werbeanzeigen wird Olaf Scholz hervorgehoben. Darauf folgen AfD, FDP und CSU, die rund in jeder Vierten Werbeanzeige die jeweiligen Spitzenkandidierenden im Bild oder Video zeigen. Armin Laschet wird nur in 15%, Annalena Baerbock in 3% und Janine Wissler bzw. Dietmar Bartsch sogar nur in 1% der Bilder und Videos in den Anzeigen der eigenen Partei dargestellt. Auffällig ist, dass CDU und CSU auch anderen Politikerinnen und Politikern der eigenen oder von anderen Parteien viel Platz in den Bildern und Videos der Ads schenken. Einerseits ist es dadurch zu erklären, dass sie Werbung für die jeweilige Schwesterpartei machen. Andererseits ist der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder oftmals in den Bildern und Videos der Werbeanzeigen von CSU und CDU abgebildet.
Zusammengefasst zeigen die Analysen, dass Personalisierung von allen Parteien äußerst strategisch in ihrer Werbung eingesetzt wird: Während die SPD eine hochkonzentrierte Personalisierungskampagne rund um Kanzlerkandidat Olaf Scholz fährt, werden die anderen Spitzenkandidierenden in deutlich geringerem Maße von ihren Parteien in den Fokus gerückt. So prägt die Wahlwerbung der CSU eher der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder oder B90/Die Grünen nennt nur in wenigen Werbeanzeigen Annalena Baerbock. Vielmehr setzen Die Grünen auf die Personalisierung mit der Abbildung von Bürgerinnen und Bürger.
In unserem abschließenden Bericht der nächsten Woche werden wir noch einmal einen Gesamtüberblick über die Werbekommunikation der Parteien und Kandidierenden in den letzten vier Wochen vor der Bundestagswahl geben. Bis dahin erhalten Sie jederzeit auf unserem Dashboard aktuelle Informationen zu den Aktivitäten der untersuchten Profile.
15.09.2021: Zweite Analyse der Werbekampagnen auf Facebook & Instagram zur Bundestagswahl 2021 im Zeitraum vom 30.08.-12.09.2021: Negative Campaigning
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Dem diesjährigen Bundestagswahlkampf wird nachgesagt, dass er äußerst hitzig und negativ geführt wird. Dabei wird häufig das Stichwort Negative Campaigning genannt, worunter man Angriffe auf den politischen Gegner versteht, um die Gegenseite zu demobilisieren und/oder sich selbst und die eigene Partei in einem positiveren Licht erscheinen zu lassen. Nutzen politische Akteure also Negative Campaigning so fahren sie eher inhaltliche oder auch persönliche Angriffe gegen den politischen Gegner anstatt die eigenen politischen Ziele oder vergangenen Leistungen der Partei in den Mittelpunkt zu stellen. In Vergangenheit wurde in Deutschland kaum auf solche negativen Angriffskampagnen gesetzt, weil er bei einigen Wählerinnen und Wählern nicht besonders gut ankommt. Doch wie sieht es mit Negative Campaiging in diesem Jahr aus?
In unserer zweiten Weekly-Analyse schauen wir uns die Werbeaktivitäten auf Facebook und Instagram vom 30.8. bis 12.09.2021 im Lichte des Negative Campaignings an. Dabei stehen die folgenden Fragen im Mittelpunkt: Wie viel Werbung mit wertenden Aussagen schalten die Parteien mit welchen Ausgaben? Hierzu unterscheiden wir negative von lobenden Aussagen. Während die negativen Aussagen Inhalte, Ziele und das Personal des politischen Gegners in ein negatives Licht rücken, erwähnen lobende Aussagen die eigenen politischen Ziele, die eigenen Politikerinnen und Politiker oder deren Eigenschaften positiv (sog. Acclaims). Diese wertenden Aussagen unterscheiden sich damit z. B. von einer neutralen Vermittlung eigener Ziele, wie sie häufig bei der Auflistung von Zielen aus dem Wahlprogramm genutzt wird, oder einer wertungsfreien Ankündigung von Wahlkampfterminen. Außerdem werfen wir noch einen Blick, ob die Parteien Halbwahrheiten in ihren Werbeanzeigen verwenden und wie viele Menschen die negativen und lobenden Werbeanzeigen sehen.
Um mehr über das Negative Campaiging in den letzten beiden Wochen herauszufinden, wertete ein geschultes Forscherteam um Projektmitarbeiter Simon Kruschinski und Projektleiter Prof. Dr. Marcus Maurer die digitale Werbung auf Facebook und Instagram mit einer Inhaltsanalyse für das Forschungsprojekt Digital Pandemic Campaigning (DiPaCa) aus. Dabei wurden allen ab dem 30.8. geschalteten Werbeanzeigen (sponsored Posts und Ads) der Facebook- und Instagram-Seiten von Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, CSU, FDP und AfD sowie deren Spitzenkandidierenden mit einer manuellen quantitative Inhaltsanalyse analysiert.[1] In diesem Zeitraum wurden 429 „Unique Werbeanzeigen“ geschaltet, die insgesamt in 1.983 Versionen ausgespielt wurden.[2]
Analyse der Sponsored Posts & Ads: Anzahl und Ausgaben
Auch unter Hinzunahme der Werbeanzeigen von der letzten Woche setzt die FDP ihre Dominanz im digitalen Werberaum auf Facebook und Instagram nach reiner Anzahl der Werbeanzeigen fort. Sie spielten 184 unique Werbeanzeigen in 1.433 Versionen aus, was weiterhin darauf hindeutet, dass sie ihre digitale Werbestrategie fortsetzen, nach der viele Kampagnenbotschaften mit unterschiedlichen Kampagnenzielen an vielfältige Zielgruppen ausgespielt werden. Die anderen Parteien schalteten jedoch mit Beginn der zweiten Woche durchschnittlich mehr Werbeanzeigen als in der ersten. Allen voran die CDU und Die Linke holte zahlenmäßig auf. Spannend zu beobachten: Nun wurden auch die ersten Werbeanzeigen über das Werbekonto von Armin Laschet ausgespielt.
Die Analyse zur Verteilung der digitalen Werbung auf den beiden Plattformen offenbart in der zweiten Woche ein interessantes Muster: Während die CDU, Armin Laschet, FDP und die Linke mehr Werbeanzeigen auf Facebook schalten, veröffentlichen Grüne und SPD etwas mehr auf Instagram. Die AfD und die Spitzenkandidierenden (Baerbock, Scholz, Lindner) bespielen beide Kanäle fast gleichwertig. Wie die weiterfolgende Analyse zeigt, muss diese Schwerpunktsetzung jedoch im Lichte des Geldeinsatzes auf den beiden Kanälen hinterfragt werden.
Mit Blick auf den von Facebook geschätzten Geldeinsatz[1] lässt sich zunächst zeigen, dass Grüne, CDU, und FDP in den letzten beiden Wochen am meisten Geld für Werbeanzeigen auf Facebook und Instagram ausgegeben haben. Diese Beträge sind mit Blick auf die letzte Bundestagswahl 2017 und die vergangenen Landtagswahlen viel, aber vor dem Hintergrund der Parteien-Wahlkampfbudgets im Millionenbereich oder im Vergleich zu Marketingkampagnen in der Wirtschaft überschaubar. Obwohl sie das zweitgrößte Budget im Bundestagswahlkampf haben, hält sich die SPD mit dem Anzeigenkauf auf den beiden Online-Plattformen noch etwas zurück. AfD, Die Linke und CSU befinden sich am unteren Ende der digitalen Werbenden. Letztere gibt sogar ähnlich viel Geld für die digitalen Werbeanzeigen aus wie die Facebook-Seiten der Spitzenkandidierenden Baerbock und Laschet.
[1] Facebook gibt die Geldausgaben mit einer Ober- und Untergrenze an, in der sich der finale Geldbetrag für die Werbeanzeige befindet.
Die geschätzten Ausgaben nach Plattformen bestätigen einerseits, dass insbesondere die Werbestrategie der Grünen sich stark auf Instagram fokussiert. Aber anders als es die reine Anzahl an Werbeanzeigen suggeriert, sind die Werbeausgaben bei den anderen Parteien fast gleichwertig. CDU und SPD geben sogar etwas mehr Geld auf Instagram aus.
Der Einsatz von sponsored posts, also Facebook Posts, die zusätzlich zur Veröffentlichung auf den öffentlichen Facebook-Seiten durch Bezahlung in News Feeds von ausgewählten Nutzer:innen gespielt werden, hat sich in der zweiten Woche gesteigert und wird nun von allen Parteien in Anspruch genommen. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass man die organische Kampagne nun mit der Werbekampagne flankieren und unterstützen möchte. So sind die Hälfte der Werbeanzeigen der CDU sponsort posts (bspw. über das Zukunftsteam oder die Social-Media-WG „HomeSweetGermany“). Auch die AfD greift verstärkt auf das sponsoring von Posts zurück.
Die aktualisierte Analyse der von Facebook angegebenen geschätzten Ausgaben (Obergrenzen) für die digitalen Werbeanzeigen bestätigt die Beobachtungen der letzten Woche: Während die FDP den digitalen Werberaum mit einer großen Masse an billigeren Werbeanzeigen flutet, schaltet die CDU im Mittel am meisten für eine Werbeanzeige aus. Dazwischen befinden sich die anderen Parteien fast auf Augenhöhe.
Inhaltliche Analyse der Sponsored Posts & Ads: Negative Campaigning
Die inhaltliche Analyse offenbart, dass ausgewählte Parteien Negative Campaigning strategisch in den Werbeanzeigen auf Facebook und Instagram nutzen. Im Gesamten ist das Level der Negativität aber bei den Parteienposts auf den öffentlichen Facebook-Seiten höher. Während es bei den Posts die CSU, FDP, Linkspartei und die AfD sind, bedienen sich in den Werbeanzeigen insbesondere die CDU, CSU und AfD einer Angriffsstrategie. Dennoch nutzten die Unionsparteien fast genauso viele lobende Aussagen in ihren Werbeanzeigen und nur bei der AfD überwog der prozentuale Anteil an Werbeanzeigen, die negative Aussagen enthielten deutlich den Anteil der Werbung, in denen eigene politische Standpunkte oder Bilanzen lobend erwähnt wurden. Es ist trotzdem überraschend, dass mit den Unionsparteien zwei an der Bundesregierung beteiligte Parteien im Wahlkampf auf Angriffe setzen und somit nicht verstärkt mit einer Leistungsbilanz oder einer positiven Konnotation des eigenen Zukunftsprogramms warben. Dagegen wählten insbesondere die Grünen, aber auch die SPD, eine sehr positive Werbestrategie auf Facebook und Instagram. Bei letzterer lässt sich mit Blick auf die überwiegend positiven Posts sagen, dass sie eine ganzeinheitlichen Acclaim-Imagekampagne auf den sozialen Netzwerkplattformen verfolgen. Die Grünen entscheiden sich in ihren Posts im Gegensatz zu den Werbeanzeigen auch zu der ein oder anderen negativen Aussage.
Diese Schwerpunktsetzung spiegelt sich zu großen Teilen auch im Geldeinsatz wider. So gaben die AfD, CDU und CSU im Mittel am meisten Geld für eine negative Werbeanzeige aus und die Grünen am meisten für eine positive Werbung. Dennoch bezahlten CSU und CDU im Mittel auch viel für eine positive Werbeanzeige. Mehr sogar als die SPD. Die FDP und die Linke geben durchschnittlich ungefähr gleich viel Geld für Werbeanzeigen aus, die negative als auch lobende Aussagen beinhalten. Dies lässt sich darauf zurückführe, dass diese Parteien eine sogenannte Attack und Acclaim-Strategie fahren, bei der sowohl angegriffen als auch belobigt wird.
Um einen detaillierteren Einblick in das Negative Campaigning der Parteien auf Social Media zu geben, werden wir im Folgenden die Urheber und Ziele von Angriffen sowie die kritisierten Kernaspekte in den unique Werbeanzeigen anschauen. Für diese Analyse haben wir die beiden Unionsparteien zusammengefasst, da sich Angriffe in vielen Fällen gegen den gemeinsamen Kanzlerkandidat Armin Laschet richten oder die Unionsparteien gemeinsam attackiert werden.
Zusammengenommen griff die FDP mit 44 Angriffen am häufigsten ihre politischen Gegner an. Häufigstes Ziel sind dabei die Regierungsparteien, aber auch die Grünen. Die CDU/CSU griff mit 34 Attacken insbesondere gegen die rot-rot-grünen Mitbewerber insgesamt am zweithäufigsten an. Die AfD und die Linke teilten gegen alle Parteien mit 27 bzw. 18 Angriffen aus. Obwohl die SPD nur zwei Mal die CDU/CSU angriff, wurde sie im Gegenzug am häufigsten Opfer von Angriffen. Die beiden anderen Regierungsparteien wurden am zweitmeisten attackiert. Die AfD wird hingegen – wie bei den Posts - als Angriffsziel von den übrigen Parteien weitgehend ignoriert.
Die Analyse der genauen Ziele und Kernaspekt der Angriffe zeigt, dass das negative Campaiging mehr oder weniger ein politischer-professioneller Schlagabtausch ist. Es werden meistens politische Ziele, frühere Leistungen und professionale Kompetenzen kritisiert. Überhaupt nicht werden Angriffe auf die persönliche Kompetenzen, Eigenschaften oder das Äußere gefahren. Dafür aber stehen auch die Glaubwürdigkeit und die moralische Integrität oft im Mittelpunkt der Attacken.
Spannend wird es, wenn wir uns anschauen, wie oft eine Werbeanzeige, die negative oder positive Statements enthält, laut Facebook auf einem Bildschirm gesehen wurde. Dabei können mehrere Aufrufe von ein und derselben Person enthalten sein. Im Mittel erhält die AfD mit ihren negativen Werbeanzeigen die meisten Impressions. Danach folgt die CSU und CDU, die sowohl mit ihren attack als auch mit den acclaim ads für reichlich Impressionen sorgt. Gehen diese Strategien der Parteien also auf Facebook und Instagram auf? Für die anderen Parteien (außer der Linken) scheinen dagegen die lobenden Posts eher mit Impressionen belohnt zu werden.
Als letzten Teil des Negative Campaignings haben wir noch betrachtet, ob die Parteien in ihren Werbeanzeigen Halbwahrheiten verbreiten. Hierzu haben wir vereinzelte Zweifelsfälle genauer betrachtet. Bei der Überprüfung rückt genau wie bei den Posts die AfD in den Fokus. Der Wahrheitsgehalt der Aussagen, die die Partei in den codierten Werbeanzeigen tätigt, kann ernsthaft angezweifelt werden. Dazu zählen Aussagen zu Corona (https://www.facebook.com/ads/library/?active_status=all&ad_type=political_and_issue_ads&country=DE&q=624490552058966), zur Einwanderung (https://www.facebook.com/ads/library/?active_status=all&ad_type=political_and_issue_ads&country=DE&q=2591567710988747) oder zur Sicherheit von Briefwahlen (https://www.facebook.com/ads/library/?active_status=all&ad_type=political_and_issue_ads&country=DE&q=590461671970113). Gegen letztere ist Facebook schon aktiv geworden und hat diese wegen des Verstoßes gegen die Werberichtlinien entfernt. Dennoch wurde diese Anzeige – ebenso wie die anderen Halbwahrheiten – 100.000-fach gesehen.
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass der Wahlkampf sowohl in den Posts als auch in den Werbeanzeigen auf Facebook und Instagram in einem für Deutschland ungewöhnlich hohem Maße von Negative Campaigning geprägt ist. Besonders auffällig ist dabei, dass die Unionsparteien in einer Intensität auf Negative Campaigning setzten, die für Regierungsparteien äußerst ungewöhnlich ist. Anstatt auf eine Leistungsbilanzstrategie zu bauen und deutlich zu machen, wie bisherige Regierungspolitik fortgeführt werden soll, nutzten die Unionsparteien mit gezielten Angriffen auf den politischen Gegner eine Strategie, die in früheren Wahlkämpfen hauptsächlich von Oppositionsparteien genutzt wurde. Überraschend ist zudem, dass die Parteien und Spitzenkandidierenden das Negative Campaigning auch auf ihren zentralen Partei- und Kandidierendenprofilen einsetzten und negative Botschaften nicht stattdessen von parteinahen Kanälen oder vermeintlich unabhängigen Profilen verbreiten ließen. Aufmerksamkeit erzeugte zu Beginn des Wahlkampfes hier etwa eine Kampagne gegen die Grünen ("Grüner Mist"), auf Twitter lassen sich Attacken von "Unionwatch" oder "Greenwatch" beobachten und die CSU warnt auf einer eigens für den Angriffswahlkampf kreierten Webseite vor einem "Linksrutsch" (linksrutsch-verhindern.de). Dass aber nicht alle Attacken diesen Kanälen überlassen werden bzw. auf externe Webseiten oder Profile ausgelagert werden, bedeutet, dass die Parteien ein hohes Risiko eingehen. Die Angriffe können auch auf sie zurückfallen oder die Anhängerinnen und Anhänger der politischen Gegner eher mobilisieren. Daher muss ein besonderes Auge auf die Werbeanzeigen gerichtet werden, die das Targeting von negativen Aussagen an empfängliche Nutzerinnen und Nutzer möglich machen.
In unserem nächsten Bericht am 22.9. werden wir die (visuelle) Personalisierung und des Microtargetings auf Facebook und Instagram genauer betrachten. Bis dahin erhalten Sie jederzeit auf unserem Dashboard aktuelle Informationen zu den Aktivitäten der untersuchten Profile.
08.09.2021: Erste Analyse der Werbekampagnen auf Facebook & Instagram zur Bundestagswahl 2021 im Zeitraum vom 30.08.-12.09.2021: Themen und Kommunikationsstrategien
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Die „heiße Wahlkampfphase“ ist fulminant mit dem ersten TV-Triell zwischen den Kandidierenden und historischen Umfragewerten gestartet. In dieser Phase geht es vor allem um eine Schlussmobilisierung, bei der so viele Menschen wie möglich für eine Stimmabgabe gewonnen werden sollen – egal ob mit Hinweisen zum TV-Triell, Informationsangeboten zu spezifischen Themen oder Aufrufen zur (Brief)Wahl und Interaktion.
In unserer ersten Weekly-Analyse schauen wir uns die Werbeaktivitäten vom 30.8. bis 05.09.2021 an. Dabei möchten wir folgende Fragen beantworten: Wie viel Werbung schalten die Parteien mit welchen Ausgaben? Welche Themen verbreiten sie? Wie stark stehen Informationen im Mittelpunkt der Werbekampagne und welche Rolle spielt die Mobilisierung und Interaktion? Zum Schluss schauen wir uns noch an, wie viele Nutzerinnen und Nutzer die Werbung auf Facebook gesehen haben.
In den ersten sieben Tagen (30.08. bis 05.09.) dieser "heißen Phase" hat das Forscherteam von DiPaCa eine manuellen quantitative Inhaltsanalyse von allen ab dem 30.8. geschalteten Werbeanzeigen (sponsored Posts und Ads) der Facebook- und Instagram-Seiten von Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, CSU, FDP und AfD sowie deren Spitzenkandidierenden durchgeführt.[1] In diesem Zeitraum wurden 242 „Unique Werbeanzeigen“ geschaltet, die insgesamt in 1.149 Versionen ausgespielt wurden.[2]
Analyse der Sponsored Posts & Ads: Anzahl und Ausgaben
Die digitale Werbung, die ab dem 30.8. auf Facebook und Instagram ausgespielt wurde, dominierte rein von der Anzahl die FDP. Die Liberalen spielten 124 unique Werbeanzeigen in 899 Versionen aus. Dies deutet auf eine ausgeklügelte digitale Werbestrategie hin, die das Ausspielen vieler Kampagnenbotschaften mit unterschiedlichen Kampagnenzielen an vielfältige Zielgruppen in das Zentrum rückt. Danach folgen die anderen Parteien, die deutlich weniger unique Werbebotschaften auf Facebook und Instagram platzierten und eine andere digitale Werbestrategie verfolgen: wenige zentrale Werbebotschaften werden mit unterschiedlichen Kampagnenzielen an ausgewählte Zielgruppen geschickt. Fast keine Rolle spielt die digitale Werbung über den CSU Parteiaccount und über die Accounts der Kandidierenden (mit Außnahme von Christian Lindner).
Mit Blick auf die Verteilung der digitalen Werbung auf den beiden Plattformen, lässt sich ein ziemliches Gleichgewicht feststellen. Alle Parteien und Kandidierende spielen ungefähr gleich viel Werbung auf Facebook und Instagram aus, sodass keine Plattform bevorzugt wird. Dabei gibt es Werbeanzeigen, die nur auf Instagram oder Facebook oder auf beiden Plattformen gleichzeitig ausgespielt werden. Aussagekräftige Unterschiede der Werbung auf den beiden Plattformen lassen sich mit Blick auf Inhalt oder Strategie nach einer Woche jedoch nicht feststellen.
Eine Analyse der Nutzung der unterschiedlichen Werbemöglichkeiten auf Facebook offenbart, dass gesponsorte Posts, also Facebook Posts, die zusätzlich zur Veröffentlichung auf den öffentlichen Facebook-Seiten durch Bezahlung in News Feeds von ausgewählten Nutzer:innen gespielt werden, nur von wenigen Parteien genutzt werden. Die strategische Ausrichtung nur auf Facebook- und Instagram-Ads konnten wir zuletzt auch bei der U.S.-Präsidentschaftswahl 2020 beobachten. Stattdessen war der Einsatz von sponsored Posts in Kombination mit Ads in den letzten Landtagswahlen und der Europawahl 2019 gang und gäbe. Dies lässt sich vor allem auf eine Professionalisierung der digitalen Werbekampagnen zurückführen.
Die Analyse der von Facebook angegebenen geschätzten Ausgaben (Upper Spending) für die digitalen Werbeanzeigen vom 30.08. bis 05.09. lässt eine spannende Beobachtung im Hinblick auf die vorherigen Analysen machen: Die FDP flutet den digitalen Werberaum auf Facebook und Instagram mit einer großen Masse an Werbeanzeigen, die sehr billig sind. Dadurch ist die geschätzte Reichweite, also die Anzahl der Personen, die die Ad schätzungsweise täglich erreicht, eher geringer. So gibt die FDP im Mittel am wenigsten für eine Werbeanzeige aus (93% der FDP-Werbeanzeigen kosteten max. 99 Euro während ihrer Laufzeit). Dennoch hat die Partei auch einzelne Anzeigen für max. 1500 bis 3500 Euro gekauft. Etwas mehr geben Die Linke, Die Grünen, SPD, CSU und die AfD im Mittel für eine Werbeanzeige aus. Dabei befinden sich mit wenigen Ausreißern die meisten Ausgaben dieser Parteien unter 500 Euro. Eine andere Strategie verfolgt die CDU: Sie gibt im Mittel am meisten für eine Werbeanzeige aus, sodass 75% ihrer Ads mehr als 300 Euro kosten. Diese Strategie lässt sich als das genaue Gegenteil von FDP beschreiben, denn im Grunde zielt die CDU damit auf eine größere Reichweite ihrer einzelnen Werbeanzeigen ab.
Inhaltliche Analyse der Sponsored Posts & Ads
Obwohl das TV-Triell in die Werbestrategie der Parteien auf Facebook und Instagram integriert werden kann, wurde das nur wenig in den Posts und fast überhaupt nicht in den Werbeanzeigen gemacht. Nur SPD und CDU griffen das Triell in einer Handvoll Ads auf. Während die CDU die Werbeanzeigen über das Triell für Angriffe auf die SPD und die Grünen nutzte, untermauerte die SPD die Leistung ihres Spitzenkandidaten.
Inhaltlich kauften alle Parteien Werbeanzeigen über Sachthemen, politische Ziele und parteipolitische Errungenschaften und gaben dafür das meiste Geld aus. So gab die CDU im Mittel am meisten für eine Ad aus - gefolgt von den Grünen, der Linken und der CSU. Für Ads mit Informationen zur Wahl und dem Wahlkampf selbst (bspw. Ankündigungen von lokalen Wahlkampfveranstaltungen) wurden am zweitmeisten Geld von allen Parteien – allen voran der SPD und den Grünen – bezahlt. Dies hat (insbesondere außerhalb der Coronapandemie) großes Potenzial, weil man die Ads per geografischem Targeting an interessierte Leute an den Orten der Veranstaltung schicken kann. Die CDU schaltete in unserem Untersuchungszeitraum keine dieser Werbeanzeige. Ads mit Informationen über Parteien und Kandidierende wurden nur von den Volksparteien geschaltet. Dies wurde bei der CDU durch die Vorstellung des Zukunftsteams und bei der SPD durch die Fokussierung auf Scholz gemacht. Damit spiegelt die Reihenfolge der Informations-Fokussierung genau der der Posts wider.
Wenn wir uns im nächsten Schritt die Themen der Ads etwas genauer anschauen, greifen wir auf eine Zusammenfassung unserer Codierungen auf acht Politikerfeldern zurück. Für Ads zu den Hauptthemen Wirtschaft, Soziales und Umwelt wurde das meiste Geld ausgegeben. Damit spiegelt sich die Ansprache der wichtigsten Probleme in Deutschland wider. Im Gegensatz zu den Posts zeigt sich aber weniger offensichtlich, dass die Parteien und Kandidierenden bei denjenigen Themen den inhaltlichen Schwerpunkt setzten, bei denen ihnen auch eine hohe Problemlösungskompetenz zugeschrieben wird.
Genau wie bei den Posts fällt sehr überraschend auf, dass die Gesundheits- und Coronapolitik kaum in den Ads der Parteien angesprochen wird. Obwohl die Bevölkerung „Corona“ seit mehr als einem Jahr als das wichtigste Thema ansieht, widmen nur die Linke, FDP und AfD diesem Thema einige Ads. Darunter befinden sich bei der FDP vor allem Vorschläge zur Lösung der Krise in einigen politischen Teilbereichen, bei der AfD werden Verschwörungsmythen angesprochen und die Linke fordert gerechtere Löhne für Pflegekräfte.
Mit Blick auf die Kommunikationsstrategien der Parteien, analysieren wir, auf welche Weise Werbeanzeigen für sogenannte "Calls to Action" genutzt wurden. Bei Calls to Action handelt es sich um Aufrufe zur Beteiligung. Die anvisierten Userinnen und Usern werden dabei darum gebeten, auf unterschiedliche Arten aktiv zu werden. Wir haben verschiedene Formen dieser Handlungsaufforderungen erfasst und dabei Mobilisierungsaufrufe, Aufrufe, sich zu informieren und Interaktionsaufrufe differenziert. Zu den Mobilisierungsaufrufen gehören z. B. Aufrufe, die postende Partei zu wählen, zu spenden oder sich auf sonstige Art in die (Online-)Wahlkampagne einzubringen. Aufrufe, sich zu informieren umfassen Aufrufe, einer Social-Media-Seite oder einem Telegram-Kanal zu folgen, sich mithilfe von Medienbeiträgen zu informieren oder eine Partei-App zu benutzen. Interaktionsaufrufe umfassen alle Aufrufe in den Posts, mit der Partei oder den Kandidierenden in ein Gespräch zu kommen. Dazu gehören etwa Aufrufe, einen Post zu kommentieren, im Bekanntenkreis eine politische Diskussion zu initiieren oder eine Politikerin oder einen Politiker per E-Mail, Brief oder Telefon zu kontaktieren.
Die Analyse zeigt, dass Mobilisierungsaufrufe von allen Parteien (außer der CDU) in den Ads genutzt werden und einen wesentlichen Teil des Werbebudgets ausmachen. Dies ist insbesondere durch die Aufrufe zur Briefwahl getrieben. Aufrufe zur Information in Werbeanzeigen werden schwerpunktmäßig von der FDP genutzt. Dagegen werden Interaktionsaufrufe nur verschwindend gering von den Parteien in Ads eingebunden. Zieht man die Befunde der Post-Analyse heran, scheinen fast alle Parteien mit Werbeanzeigen die eher informationsgetriebenen Posts mit gezielten Mobilisierungsaufrufen zu ergänzen.
Zum Abschluss schauen wir uns noch an, wie oft eine Werbeanzeige laut Facebook auf einem Bildschirm gesehen wurde. Dabei können mehrere Aufrufe von ein und derselben Person enthalten sein. Im Mittel erhält eine Ad der Linken, CDU, CSU und der AfD die meisten Impressions von Userinnen und Usern. Am wenigsten Impressions erzielt im Mittel eine Ad der FDP.
Insgesamt kommen vereinzelte Werbeanzeigen auf bis zu 1.000.000 Impressions. Diese Werbeanzeigen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie als sogenannte Dynamic Ad konzipiert wurden und somit automatisch Personen gezeigt wird, die an der jeweiligen Partei bereits Interesse auf ihrer Webseite, in ihrer App oder an einer anderen Stelle im Internet signalisiert haben. Außerdem wählt Facebook aus bereitgestellten Texten, Bildern und plattformspezifischen Einstellungen automatisch die für die jeweilige Zielgruppe beste Kombination aus.
Vergleichende Auswertung der Posts & Ausblick
Die vergleichende Auswertung von Inhalten, Themen und Kommunikationsstrategien in den Posts auf Facebook und Instagram findet sich auf dem Blog vom Forschungsprojekt Digital Democratic Mobilization in Hybrid Media Systems (DigiDeMo) rund um Froschungsgruppenleiter Dr. Jörg Haßler (LMU München): https://digidemo.ifkw.lmu.de/digidemo/
In unserem nächsten Beitrag am 15.9. legen wir den Fokus auf das Negative Campaigning und analysieren, wie stark die Parteien und Kandidierenden negative Botschaften, Angriffe auf den politischen Gegner und auch Formen von Populismus in den Werbeanzeigen nutzen.
Bis dahin erhalten Sie jederzeit auf dem Dashboard aktuelle Informationen zu den Werbeaktivitäten der untersuchten Profile.
[1] Janine Wissler und Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke), Armin Laschet (CDU), Alexander Dobrindt (CSU) und Dr. Alice Weidel sowie Tino Chrupalla (AfD) haben keine Werbeanzeigen geschaltet.
[2] Mit unterschiedlichen Ad-Versionen können politische Akteure eine Werbeanzeige mit (fast) identischem Inhalt mit unterschiedlichen Werbeeinstellungen ausspielen (bspw. Kampagnenziele, Zielgruppen, Optimierung, Tests).
01.09.2021: Digitales Politisches Marketing: Paid Media
Paid Media auf Facebook machen hauptsächlich zwei Typen aus: Sponsored Posts und Ads. Obwohl mit beiden Typen bezahlte Inhalte in die NewsFeeds von ausgewählten Nutzer:innen geschickt werden können (targeting), sind die Einstellungen und Möglichkeiten sehr unterschiedlich.
s͓̽p͓̽o͓̽n͓̽s͓̽o͓̽r͓̽e͓̽d͓̽ ͓̽p͓̽o͓̽s͓̽t͓̽s͓̽ ist die einfachste Art des Werbens auf Facebook. Mit wenigen Klicks können sie über die Facebook-Seitenverwaltung geschaltet werden: Einfach einen vorhandenen organischen Post auswählen und diesen "Beitrag bewerben".
Dann kann man das Ziel einstellen (links). Sollen mehr Besuche für die Homepage oder mehr Interaktionen mit dem Post generiert werden? Einfach auswählen. Um hier persuasiv im Design zu wirken, können Call-to-Action-Buttons gewählte werden (rechts).
Dann geht´s an die Auswahl der Zielgruppe. Sie basiert auf Basic-Audiences & Informationen über Facebook-Nutzer:innen: 1) Auswahl von Geschlecht, Alter, Standort (rechts); 2) Anvisieren von Nutzer:innen (und deren Freunde), die der eigenen Facebook-Seite folgen (links unten).
3) Außerdem können sehr detaillierte Angaben von Facebook-Nutzer:innen ausgewählt werden: 3.1) Demografische Angaben (Ausbildung, Beziehungsstatus, Arbeit); 3.2) Interessen (Shopping, Sport, andere Hobbies); 3.3) Verhaltensweisen (Digitales Verhalten, Reisen, Politik)
Dann wird die Laufzeit, das Gesamtbudget, die Plattform des sponsored posts ausgewählt und...fertig. Schon hat man einen Beitrag beworben bzw. gesponsored. Obwohl noch andere Optionen möglich sind, erlauben sponsored posts nicht so sophisticated Möglichkeiten wie Ads..
A͓̽d͓̽s͓̽ ermöglichen sehr einfaches, aber auch eben komplexes Werben. Sie können über den Werbeanzeigenmanager geschaltet werden und sind in drei Ebenen mit eignen Einstellungsmöglichkeiten untergliedert: Kampagnen, Anzeigengruppen & die jeweiligen Werbeanzeigen.
Zunächst wird zwischen drei übergeordneten Zielen der Kampagne ausgewählt: Soll 1) Bekanntheit erlangt, 2) Consideration hervorgerufen oder 3) Conversions erzielt werden? Dann stehen jeweils ganz verschiedene Teilziele (Reichweite, Interaktionen, Käufe) zur Verfügung.
Auf Ebene der Anzeigengruppe wird das Budget und der Zeitplan ausgewählt. Hier stehen anders als bei sponsored posts sehr detaillierte Möglichkeiten zur Auswahl. Es können die Zeitspannen von Budgets, Optionen zur Optimierung und Platzierung genutzt werden.
Dann folgt das Targeting: Hier ist die Auswahl wie bei den sponsored posts über die Basic-Audiences möglich, die nochmal feinere Optionen zur Aufnahme und den Ausschluss von Nutzer:innen in die Zielgruppe erlaubt.
Dann sind Custom Audiences möglich, die sich aus Quellen der Parteien speisen: 1) Facebook-Pixel, die auf Webseiten platziert werden, um Ads auf FB an Besucher:innen zu schicken. 2) E-Mails/Namen aus Parteilisten, die fürs Werben auf FB mit FB-User:innen gemacht werden.
Daraus lassen sich Lookalike Audiences erstellen, die den User:innen der Custom Audiences in den demografischen Angaben, Standorten, Interessen oder Verhalten ähneln. Somit können neue Zielgruppen für die Ads auf Facebook erschlossen werden.
Abschließend lässt sich die Performance von Ads live in der Kampagne evaluieren. A/B-Tests vergleichen Ads/Versionen, um herauszufinden, welche Ad zu besseren Ergebnissen bei welchen Zielgruppen führt. Eine optimale Aufteilung des Budgets auf Anzeigen ist auch möglich.
Das eingesetzte Geld, die geschätzte Zielerreichung & das User Engagement mit der Ad entscheiden in sog. Anzeigenauktionen über die Platzierung der Ads in den NewsFeeds. Dabei konkurrieren alle Ads miteinander, die die anvisierten User:innen in der Zielgruppe haben.
Während bei #DiPaCa die Inhalte der Ads im Mittelpunkt stehen, geben erste Analysen von @WhoTargetsMe einen Eindruck über das Targeting von Parteien & Kandididerenden bei der #btw21: https://whotargets.me/en/ad-targeting-in-the-german-election/
26.08.2021: Die wichtigsten Begriffe
Politische Akteure können für digitales politisches Marketing (DPM) zwischen Owned, Paid & Earned Media wählen. Diese unterliegen algorithmischen Regeln, haben je nach Plattform verschiedene Voraussetzungen & bieten strategische Möglichkeiten, um Wahlkampfziele zu erreichen.
ermöglicht es politischen Akteuren, auf ihren Facebook-Seiten organische Posts zu veröffentlichen ohne Geld an Facebook zu zahlen. Die Inhalte sind komplett unter ihrer Kontrolle & erreichen primär Nutzer:innen, die ihrer Facebook-Seite folgen.
: Facebook ermöglicht 2 Arten, um bezahlte Inhalte in die NewsFeeds ausgewählter Nutzer:innen zu schicken (targeting): 1) sponsored posts sind auf FB-Seiten veröffentlichte Posts, die durchs Bezahlen zusätzlich an ausgewählte User:innen geschickt werden.
2) Ads werden nur in die NewsFeeds von ausgewählten User:innen geschickt. Dabei ermöglicht FB komplexe Targeting-Optionen, die auf Userdaten, Einstellungen & Testungen beruhen. Dabei können feinste Zielgruppen + Ziele der Ads ausgewählt & deren Erfolg getestet werden.
sind Interaktionen von Nutzer:innen mit Posts, Sponsored Posts & Ads. Sie sind wichtiges Signal für die algorithmische Kuratierung von FB-Inhalten. Sie entscheiden u.a., wie prominent Inhalte in NewsFeeds angezeigt werden und wie teuer Paid Media ist.
#DiPaCa analysiert die Inhalte & Metadaten von Paid Media auf FB & Insta. Veröffentlich werden Weekly Reports auf https://polkom.ifp.uni-mainz.de/forschung/dipaca/ #SoMeWa21 von @joerg_hassler_ schaut auf die Owned & Earned Media auf FB & Insta. Die Weekly Reports dazu gibts auf https://digidemo.ifkw.lmu.de/digidemo/
17.08.2021: Die Analysemethode
#DiPaCa nimmt die digitale Werbung auf Facebook & Instagram mit einer Inhaltsanalyse unter die Lupe: Wir analysieren wie Ads u.a. zum negative campaigning, zur Personalisierung, für Desinformationen oder zum Targeting von spezifischen Wähler:innen genutzt werden.